Der Bundesgerichtshof hat mit zwei Urteilen vom 27. Oktober 2020 die Tür für den Widerruf von Darlehensverträgen zur Finanzierung eines Autokaufs weit aufgestoßen (Az.: XI ZR 525/19 und XI ZR 498/19).
Der BGH hat klargestellt, dass der Widerruf des Autokredits noch lange nach Vertragsschluss möglich ist, wenn die Bank in ihrer Widerrufsinformation vom gesetzlichen Muster abweicht. Zudem sei der sog. Kaskadenverweis bei den Pflichtinformationen nach § 492 Abs. 2 BGB für den Verbraucher nicht klar und verständlich. Das gelte zumindest bei allgemeinen Verbraucherdarlehensverträgen, zu denen auch Autokredite zählen.
„Die Entscheidungen sind umso bemerkenswerter, weil der BGH sich damit von seiner bisherigen Rechtsprechung verabschiedet und den Widerrufsjoker belebt. Bislang hatte er den Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB für ausreichend erachtet. Nun vollzieht er die Kehrtwende und schließt sich der Rechtsprechung des EuGH an“, sagt Rechtsanwalt Patrick Balduin.
In den beiden Fällen vor dem BGH hatten die Kläger 2016 bzw. 2017 zur Finanzierung eines Autokaufs einen Darlehensvertrag mit der Bank geschlossen. Im Jahr 2018 erklärten sie den Widerruf. Die Bank wies den Widerruf mit dem Hinwies zurück, dass die Widerrufsfrist abgelaufen sei.
In der von der Bank verwendeten Widerrufsinformation hieß es, dass der Vertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden kann. Diese Widerrufsfrist beginne nach Abschluss des Vertrags, aber erst nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat. Beispielhaft sind dazu die Angaben zur Art des Darlehens, zum Nettodarlehensbetrag und zur Vertragslaufzeit aufgeführt.
Diesen Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufführung von Pflichtangaben hatte der BGH bislang als ausreichend angesehen. Damit stand er jedoch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Der EuGH hatte mit Urteil vom 26. März 2020 entschieden, dass ein solcher Kaskadenverweis nicht rechtmäßig ist (Az.: C-66/19). Dieser Rechtsprechung des EuGH hat sich der BGH nun angeschlossen. Ein solcher Kaskadenverweis ist demnach für den Verbraucher nicht klar und verständlich.
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Zudem könne sich die Bank auch nicht Gesetzlichkeitsfiktion berufen, wenn sie in ihrer Widerrufsinformation vom gesetzlichen Muster abweicht, führte der BGH weiter aus. Genau hier war der Bank ein Fehler unterlaufen. In ihrer Widerrufsinformation heißt es, dass der Darlehensnehmer mit dem Widerruf des Darlehensvertrags auch an den Kaufvertrag über das Fahrzeug und den Vertrag über Restschuldversicherungen nicht mehr gebunden ist.
Die Kläger hatten allerdings keine Restschuldversicherung abgeschlossen. Daher hätte dieser verbundene Vertrag in die Widerrufsinformation nicht aufgenommen werden dürfen.
„Folge ist, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt fehlerhaft ist und die 14-tägige Widerrufsfrist überhaupt nicht in Lauf gesetzt wurde. Der Widerruf des Darlehensvertrags ist dann noch lange nach Abschluss möglich“, erklärt Rechtsanwalt Balduin.
Nach einem erfolgreichen Widerruf gibt der Verbraucher das Fahrzeug an die Bank und erhält im Gegenzug seine bisher geleisteten Raten inklusive einer möglichen Anzahlung zurück.
Der Widerrufsjoker bietet somit eine lukrative Möglichkeit, aus der Autofinanzierung auszusteigen. Besonders interessant ist dies auch für Verbraucher, deren Fahrzeug von Abgasmanipulationen betroffen ist. „Wertverlust oder drohende Fahrverbote können so umgangen werden“, so Rechtsanwalt Balduin. Dabei ist es für den Widerruf natürlich nicht notwendig, dass das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. Voraussetzung ist lediglich eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung der Bank. Solche Fehler sind nach Einschätzung von Rechtsanwalt Balduin in vielen Autokreditverträgen verschiedener Banken zu finden.
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